The Secret of Monkey Island

Manche zahlen teure Therapeuten, um sich ein Stück Jugend oder zumindest die jugendliche Einstellung “von damals” zurückzuholen, ich selbst habe mir aus Nostalgiegründen vor ziemlich genau einem Jahr einen PC zugelegt, nur um einerseits festzustellen, dass mit einem PC und den darauf laufenden Spielen die “Zeit von damals” genausowenig zurückzuholen ist, wie das Geld, das ich durch den zwei Wochen später erfolgten Verkauf als Lehrgeld bezahlen durfte. Denn seien wir ehrlich, wer hält schon einen PC in seinem Wohnzimmer aus?

Heute allerdings, ja heute fühlte ich mich ins Jahr 1990 zurückversetzt, als ich im zarten Alter von 12 Jahren auf meinem Amiga 500 mit Disketten jonglierend “The Secret of Monkey Island” gespielt und die ersten Male wirklich unausgeschlafen in der Schule erschienen bin – schließlich wollte Guybrush Threepwood ja Pirat werden, da kann ich ja nicht einfach schlafen gehen!

Der 351 MB große Download belegt in etwa die doppelte Menge an Speicher am iPhone, belohnt wird man dann allerdings mit kompletter Sprachausgabe (in englisch) sowie Untertiteln in verschiedenen Sprachen. Alles in allem sieht das Spiel exakt wie die PC-Version aus, der einzige Unterschied bildet das kleinere Display.

Ich bin dann vorerst auf Mêlée Island …

Der Sound und Steuerung
Der Soundtrack sowie die Sprachausgabe sind von exzellenter Qualität und klingen selbst auf den kleinen iPhone-Lautsprechern sehr gut, Sämtliche Synchronsprecher sind allererste Güte!
Die ersten Schritte mit der gewöhnungsbedürftigen Steuerung gehen mir noch nicht sehr leicht von der Hand und wenige Minuten später wird mir eine Situation klar, die wohl jeder Spieler kennt; dass er ein an sich exzellentes Spiel vor sich hat, doch die Steuerung dermaßen misslungen ist, dass er das Spiel beiseite legt oder sogar durch blankes und wütendes Deinstallieren wieder freien Speicher auf seinem Device schafft. Bei The Secret of Monkey Island SE gab es nur einen einzigen Grund, nicht sofort mit dem Spiel aufzuhören und wieder 700 MB an Speicher auf meinem iPhone freizuschaufeln – es ist Monkey Island!

Doch der Reihe nach:
Die Möglichkeit, durch einfaches Wischen mit zwei Fingern über den Screen in den Classic-Mode und wieder zurück zu wechseln, ist exzellent gelungen, auch durch bloßes Drehen des iPhones ins Hauptmenü zu gelangen ist perfekt umgesetzt. Ihr kommt im Spiel nicht weiter? Einfach das iPhone schütteln und ihr erhaltet nützliche Tipps. So weit so gut.
Vollkommen an jedweder Intuition vorbei und für ein Device mit Touch-Funktion als nicht vorhandene Usability zu bezeichnen ist allerdings die grundsätzliche Steuerung des Protagonisten und damit Guybrush. Quasi als Mausersatz wird mit dem Finger der schlecht und schwammig reagierende Cursor zu Hotspots bewegt um erst dann die gewünschte Aktion über diesen auszuführen – dann zumindest halbautomatisch. Hier wäre eine direkte Interaktion mit den Hotspots durchaus wünschenswert gewesen und ein Patch diesbezüglich wird hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen.
Noch schlimmer und beinahe abenteuerlich ist die Interaktion mit dem Inventar geraten – eine Kombination von zwei oder mehreren Gegenständen ist ein Himmelfahrtskommando, solltet ihr einen Gegenstand aus dem Inventar mit einem Gegenstand, der sich nicht im Inventar befindet kombinieren wollen, dann empfehle ich eine dicke Schutzhülle für euer iPhone, denn ihr werdet es gegen die Wand werfen!

Alles in allem ist die Steuerung schlicht unbrauchbar, zumindest die Hauptsteuerung, aber damit neben den Rätseln das Essentielle eines Adventures. Warum ich dennoch weiterspiele? Hey, es ist Monkey Island – und die Rätselgüte ist auch für heutige Verhältnisse exzellent!

Die Rätsel
A Vampyre Story, Jack Keane, Edna bricht aus oder Dreamfall sind allesamt Adventures mit teils unverbrauchten Settings, dem Versuch, an alte Konzepte und Settings anzuknüpfen, schrägen sowie liebenswürdigen Charakteren oder der Idee, ein Franchise nach Jahren neu zu beleben (wobei dies natürlich auch auf Lucasarts zutrifft). All diese Adventures können The Secret of Monkey Island (SE) aber in einer Hinsicht nicht das Wasser reichen – dem Rätseldesign.

Schwertkämpfe, die als wahre Waffe die Beleidigung verwenden, Rätselketten die sich von schlafenden Hunden über Pfefferminzbonbons und Ratten bis hin zu Feilen in Kuchen erstrecken, sowie die Möglichkeit, auch im Spiel dem etwaigen Hobby des Kochens zu widmen, wenn auch nur, um eine Explosion zu erzeugen, ergeben ein Rätselkonzept, das bis zum heutigen Tag kein anderes Adventure in derartiger Perfektion umzusetzen imstande war.

Mag auch die Steuerung ein Fall für einen baldigen Patch sein, die Rätsel haben nichts von ihrem Charme, ihrer Perfektion und ihrer Genialität verloren!

Fazit
Exzellenter Soundtrack, erstklassige Sprachausgabe, nette Grafik und komplett misslungene Steuerung – diese vier Aspekte umschreiben die Special Edition von Monkey Island für das iPhone perfekt.
Der kürzlich erschienene Patch ändert und optimiert zwar die Steuerung an einigen Ecken und Kanten und glättet damit selbige, solange keine direkte Touch-Steuerung mit unmittelbarer Interaktionsmöglichkeit sämtlicher POIs nachgelegt wird, empfehle ich euch, für die EUR 5,99 lieber in ein BigMac-Menü zu investieren. Da gibt’s im Moment wenigstens eine Tasse dazu, in die man auch Grog füllen könnte, wenn man denn möchte.

Da hinten – ein dreiköpfiger Affe!

Wisst ihr eigentlich, wie “Guybrush” zu seinem Namen kam? Den Entwicklern wollte partout kein Name einfallen und sie speicherten ihn im Programm “Paintbrush”, in welchem “Guybrush” erstellt wurde, einfach “namenlos” als “Guy” (engl. für Mann/Typ) ab. Das Programm fügte automatisch die Endung “.brush” hinzu. Aus “guy.brush” wurde damit in der finalen Version “Guybrush”.

[app 324741347]

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