Enemy Territory: Quake Wars

Von Olaf Kasper

Es war einmal Quake 4…

Also, dann fang ich mal an. Was ist Quake Wars eigentlich, und wieso steht Enemy Territory davor? Das Spiel hat viele Wurzeln. Eine davon ist eine Erweiterung für das selige Return to Castle Wolfenstein, dass von sich aus schon mit einem ziemlich guten Multiplayermodus aufwarten konnte, aber dann doch noch die speziell auf Multiplayer getrimmte Erweiterung Enemy Territory verpasst bekam. Das Setting war natürlich dem zweiten Weltkrieg angepasst. Ist auch heute noch durchaus zu empfehlen und brauch sich nicht hinter anderen Shootern zu verstecken.
Und dann sind da noch Quake 2 und Quake 4, deren Story ja hoffentlich bekannt ist und somit wird die Geschichte der Strogg-Invasion auf der Erde weitergesponnen. Die Strogg, eine Rasse ausserirdischer Borg (der Vergleich hinkt nur ein ganz klein wenig) wollen die gute alte Erde ganz für sich, wogegen die Global Defence Forces alle ihre Kräfte aufbieten.
Das Ganze noch verpackt in eine Weiterentwicklung der gleichen Engine, die schon eben jenes Quake 4 und Doom 3 befeuerte, gewürzt mit neuer sogenannter MegaTexture-Technologie und einer gehörigen Portion optimierten Multiplayer-Codes und schon haben wir Quake Wars. Hab ich was vergessen?


Der Ladebildschirm gibt einen Vorgeschmack auf die zu erledigenden Aufgaben…

 

Klar, da gibt es Einiges zu beachten. In ETWQ wird derjenige Fragger, der meint nun wild ballernd durch die Maps zu rennen, schnell eines Besseren belehrt. Jede Schlacht erfordert neben dem traditionellen Fraggen der Gegner verschiedenste Aufgaben zu erledigen, die nicht von jeder Kämpferklasse erfüllt werden können. Es gibt Techniker, Sanitäter, Scharfschützen, Agenten und Soldaten, bei den Strogg und gleichermassen bei den Erdstreitkräften. Die Techniker platzieren Geschütze, legen Minen und reparieren Fahrzeuge, Feldagenten versorgen die Kämpfer mit Munition und werden hoffentlich von den Sanitätern geheilt. Hat zum Beispiel die Lebensanzeige das kritische Minimum unterschritten, haben die Sanis immer noch ein wenig Zeit, den gefallenen Kämpfer wiederzubeleben und mit Medipacks wieder Kampftauglich zu machen. Wem das zu kompliziert klingt; keine Bange. Es fliegen noch ordentlich die Fetzen, siehe folgendes Bild.


Hinterhalt. Eigentlich aus dem Pressekit, aber im Spiel durchaus vorkommend.
Grundsätzlich sind beide Fraktionen in etwa gleich stark, trotzdem gibt es erhebliche Unterschiede bei Waffen und Fahrzeugen. Die Strogg sind als Individuum stärker und ausdauernder, die Fahrzeuge besser gepanzert und hochtechnisierter. Ein Nachteil, den die GDF durch mehr Vielfalt wieder wettmachen. Eine Liste, die man beliebig weiter fortsetzen könnte – und trotzdem ist es den Entwicklern gelungen, ein hervorragendes Balancing beizubehalten.


Fahr- oder Flugzeuge können mit mehreren Spielern bemannt werden.
So benutzen die GDF Medkits und Munitionspackungen, wogegen bei den Strogg lediglich Stroyent zum Einsatz kommt, um zu heilen oder Munition wieder aufzufüllen – grundsätzlich können die GDF-Kämpfer schneller geheilt werden, die Strogg-Versorger können aber mehr Energie verteilen, bis sie sich wieder erholen müssen; Strogg-Aggressoren oder GDF-Soldaten können schwerere Waffen tragen und Sprengladungen anbringen, Ingenieure/Konstruktoren erledigen Bauaufgaben (Brücken/Wachtürme) oder fordern die Aufgstellung von Verteidigungsgeschützen an, auf beiden Seiten gibt es noch Feld- oder Geheimagenten – erstere sind für z.B. für Munitionsversorgung zuständig, während die zweitere Klasse auch mal Geschütze oder Panels hackt und – das ist das Allerbeste – einem kurz zuvor erledigten Gegner der Identität berauben kann und sich als der Feind tarnt – hervorragend zum Anschleichen in Verteidigungsstellungen geeignet. Ganz gemein: die Strogg können gefallene gegner in Wirte umwandeln, die der Strogg-Spieler zum schnellen Wiedereinstieg in den Kampf verwenden kann – was GDF-Sanitäter aber durch beherzten Einsatz eines Defibrilators verhindern können….

Multiplayer Mayhem

Wie schon zuvor erwähnt, setzt ETQW voll auf den Kampf im Netz gegen menschliche Gegner, und genau da liegen die Stärken. Durch das hervorragende Balancing der beiden Fraktionen und Klassen mit all ihren Fähigkeiten kommt es selten zu Situationen, in denen eine Parte zu stark im Vorteil wäre. Bei unseren Tests war Alles dabei, was das Fraggerherz begeht – vom hektischen Infight der fast (bis auf das Moving) an selige Unreal Tournament-Tage erinnerte, bis hin zu taktischen Infiltrationen, in denen Scharfschützen erstmal ein paar Minuten durchs Gestrüpp robben, um letztendlich einen einzigen Schuss anzubringen.


Fast zu schön, um zu Fraggen – hier will ich mal Urlaub machen.

Die einelnen Maps teilen sich meistens in mehrere Bereiche auf, in denen es für jede Klasse verschiedene Aufgaben zu erfüllen gibt, um letztendlich das Ziel zu erreichen. Ein Beispiel: in der Map „Valley“ müssen die angreifenden GDF direkt zu Anfang eine Brücke errichten, über die dann eine Art Befehlspanzer zu einem bestimmten Punkt gefahren werden muss. Der Panzer feuert dann eine Rakete ab, die den Eingang zu einer Anlage freisprengt – vorausgesetzt, die Agenten der GDF haben vorher den Schildgenerator der Anlage lahmgelegt. Soldaten der Erdstreitkräfte sprengen dann den Kontaminator der Strogg in der Anlage. Gelingt dies, gewinnen die Erdstreitkräfte; können die Strogg die Menschen aus der Anlage heraushalten, sieht es schlecht aus für die Menschheit…
Das klingt auch alles wahnsinnig kompliziert; ist es aber nicht. Auf mit bis zu 36 Spielern oder mehr bevölkerten Servern kann sich jeder Spieler seine Lieblingsklasse aussuchen und bis zum Ende durchspielen, ohne zwischendrin wechseln zu müssen.


Die Strogg als Türsteher bei der Einlasskontrolle

Auf die Karte „Valley“ folgt dann standardmässig „Outskirts“ bei der wieder die GDF ihren Befehlspanzer in einer verlassenen Stadtregion in Stellung bringen und einen Datenkoffer klauen müssen, dessen Inhalt letztendlich an einer Datenstation übertragen werden muss. In „Area 22“ müssen die GDF dann verhindern, dass die angreifenden Strogg einen Störgenerator zerstören, einen Bergbaulaser aufbauen, der dann die Töre einer Forschungsstation aufsprengt, in der GDF-Forscher ein Strogg-Slipgate untersuchen.


Die Strogg beim Angriff

Eine derartige Kartenabfolge nennt sich dann Kampagne – standardmässig kommt ETQW mit 4 Kampagnen zu je 3 Karten. Das klingt erstmal recht wenig; hat man eine Kampagne durchspielt sind schonmal locker 1 1/2 Stunden vergangen – das Zeitlimit beträgt standardmässig 30 Minuten pro Map. Beim Onlinespiel gegen intelligente menschliche gegner kommt man da schon manchmal ins schwitzen, und auch beim Kampf gegen Bots habe ich kaum mehr als die leichte Stufe bewältigt. Was nicht heissen soll, dass die computergesteuerten Gegner einfach nur unverhältnissmässig gut treffen, hier macht sich eine überdurchschnittlich gute Programmierung der Gegner bemerkbar, die dann imer intelligenter Aufgaben erfüllen und sogar wahres Teamspiel zeigen.
Neben der Kampagne, in der wie erwähnt 3 Maps in Folge gespielt werden, gibt es noch den Modus „Stoppuhr“, bei der beide Teams je einmal Angreifer und Verteidiger sind; gewonnen hat, wer am schnellsten das Ziel erreicht. Bei „Ziel“ wird lediglich einmal eine Karte gespielt.
Der Multiplayer-Browser bringt keine wirkliche Innvoationen, erfüllt seinen Zweck aber mehr als nur zufriedenstellend. Neben dem zuverlässigen Auffinden von Servern gibt es zahlreichen Filterfunktionen, ein gutes Buddy-System mit dem befreundete Spieler oder Clanmitglieder gefunden werden können oder eine durchaus gelungene Voice-Chat-Funktion, die auch sogar von den meisten Servern unterstützt wird und die dem Multiplyer-Teamspiel die letzte note gibt.

Was ein gutes Spiel ausmacht…

In letzter Zeit machen immer mehr Spiele von sich Reden, die mittel Cider auf die Mac-Plattform portiert wurden. Hier tritt ETQW gegen Battlefield 2142 an und kann, das Spielerlebnis mal weggelassen, zumindest auf dem Mac den Sieg klar für sich entscheiden. Neben dem Gameplay, bei dem ETQW bei einer anständigen Portierung von Battlefield seitens Electronic Arts vorausgesetzt, eindeutig mithalten könnte, siegt Aspyr hier klar mit einer 1A-Portierung, bei der EA sich eine Scheibe hätte abschneiden können. Während Battlefield 2142 selbst auf High-End-Macs kaum als spielbar zu bezeichnen ist, glänzt ETQW selbst auf iMacs der Vorgeneration mit durchaus spielbarer und flüssiger Grafik. Und dazu ist anzumerken, dass hier durchaus FPS-erprobte Redakteure mit hohen Ansprüchen an einen Shooter ausgiebig getestet haben. Die minimalen von Aspyr angegebenen Systemanforderungen von einem Intel Core2 Duo mit 2GHz kann man durchaus als spielbar betrachten, eine anständige Grafikkarte vorausgetzt und mit nicht allzu hohen Anforderungen an die Grafikqualität.


Was macht ein Strogg im Gewächshaus? Die Grafik kann sich sehenlassen, selbst auf mittleren Einstellungen…

Während unserer gesamten Testphase zeigten sich bei ETQW nur geringfügige Mängel an der technischen Seite. Manche Server scheinen die eine oder andere Modiikation zu verwenden, die unser Spiel zuverlässig zum Absturz brachten. Bei dem darauf folgenden Neustart verweigerte ETQW die komplette Soundausgabe und wollte erst nach einem kompletten Rechner-Neustart wieder die neben der Grafik so überzeugende Klangkulisse bieten. Ach ja, der Sound: Kraftvoll. Gelungen. Und da das Spiel komplett in Deutsch vorliegt, machten wir uns erst Sorgen über die sonst grottigen Übersetzungen und Stimm-Akteure. ETQW konnte auch hier auf ganzer Linie überzeugen und liegt deutlich über dem sonst üblichen Mittelmaß („All your Base are belong to us…“)


Germany´s next Topmodels…

Fazit
Enemy Territory: Quake Wars bietet neben einem einmaligen Spieleerlebnis eine sehr gute Portierung von der technischen Seite her, bietet im Gameplay mehr als nur genug Inhalte für schiesswütige Fragger ebenso wie für den eher taktischen Spieler und gut durchdachte und ansehnlich gestaltete Maps mit ausreichend Inhalt für genug Langzeitmotivation. Das Setting im Quake-Universum ist gelungen und die technische Umsetzung lässt bis auf wenige kleine Macken keine Wünsche offen. Mit einem kleinen Abzug für den Absturz beim Onlinespiel bekommt ETQW dann natürlich auch lieb gemeinte 9 Punkte.
Quake Wars hat zumindest für mich den Platzhirsch Battlefield verdrängt. Und während Ihr hier noch am Lesen seit, bin ich schon längst wieder unterwegs, die Erde vor den marodierenden Strogg zu verteidigen.

Publisher
Aspyr

Produktseite
http://www.aspyr.de/enemyterritory/

Deutscher Vertrieb
Application Systems Heidelberg

Mind. Systemanforderungen
DVD-Laufwerk, Mac OS X 10.5, 2GHz Intel Mac Core Duo, 6GB HD, 1024MB RAM, 3D-Grafikkarte 128MB VRAM
NUR FÜR INTEL-BASIERTE MACINTOSH-COMPUTER
Betriebssystem: 10.5.1 (Leopard)
Prozessor: Intel Core 2 Duo
CPU-Geschwindigkeit: 2.0 GHz
Speicher: 1 GB RAM
Festplattenspeicher: 5,5 GB + 1 GB für die Auslagerungsdatei
Grafikkarte (ATI): Radeon X1600
Grafikkarte (NVidia): Geforce 7300
Grafikspeicher (VRAM): 128 MB
Erforderliche Medien: DVD-ROM
Macintosh-kompatible Maus und Tastatur

Testsystem
MacPro 3,0 GHz
nVidia GeForce 8800 GT 512 MB
6 GB RAM

iMac 2,X GHz
ATI Radeon Schiessmichtot
4 GB RAM

Pro
Gute Umsetzung
Fantastische Grafik
Hervorragende Balance

Contra
Da fällt uns im Moment wirklich nichts ein

Dieser Testbericht erschien ursprünglich auf crackintosh.de und wird mit freundlicher Genehmigung von Olaf Kasper und seiner Autoren hier für die Nachwelt erhalten.

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