Sid Meier's Pirates!

Die Karibik: schnelle Läufer im Reggaerhythmus, All-Inclusive-Urlaube und Hurrikane. Das ist das, was einem so spontan einfällt.

Ach ja, und natürlich Piraten!

Über das Spiel

Die überarbeitete Version, das Remake des originalen „Sid Meier’s Pirates!“ ist für Mac OS X erschienen. Feral Interactive ist es zu verdanken, dass es vier Jahre nach Erscheinen des PC-Remakes noch geklappt hat. „Pirates!“ ist das Spiel, das den Reigen der brandneuen Reihe „Feral Legends“ eröffnet. Aber hat sich das Warten auch wirklich gelohnt?

Wohl kaum ein Spiel hat mich so viel Zeit meiner Jugend gekostet wie „Sid Meier’s Pirates!“ (außer vielleicht „Elite“). Wenn ich von diesem Spiel rede, fange ich immer an zu träumen – die Erinnerung an Stunden, Tage, Wochen auf hoher See, Überfälle auf Schatzflotten und Schätze nahe der Bucht von Maracaibo hat mich fest im Griff. Hach, was war das für ein tolles Spiel, damals, in den Achtzigern! Ein Remake von „Pirates!“ birgt die Gefahr, dass sich herausstellen könnte, dass mein nostalgischer Blick zurück alles verklärt hat und das neue Spiel nicht nur seinen Preis nicht wert sein, sondern mir darüber hinaus auch noch die schönen Erinnerungen an meine Piratenjugend kaputtmachen könnte.

Soll ich es also wirklich testen?

Das Spiel

1987 war es, als ich das erste Mal unter der Totenkopfflagge durch die Karibik gesegelt bin. Damals sah das – je nachdem, auf welcher Hardware-Plattform man segelte – so aus, wie diese Seite es dokumentiert.

Das mag jetzt nicht besonders spektakulär aussehen, aber was abseits der Darstellung, die durchaus auf Commodore 64, Amiga 500 und MS-DOS-PC zeitgemäß war, geboten wurde, war schlichtweg atemberaubend. Man konnte sich frei in der Karibik bewegen und ansonsten mehr oder weniger tun und lassen was man wollte. Handeln, kämpfen, Schätze suchen oder auch Kombinationen von all dem waren möglich, ohne dass das Spiel einem irgendwelche Vorschriften machte. Eine spielerische Freiheit, die selbst heute nur wenige Spiele bieten.

Aber genug geschwelgt, kommen wir zum hier und jetzt:

Sieht auf jeden Fall schon mal besser aus! Aber wie spielt es sich? Nach kurzem Test steht fest: eigentlich wie früher. Und ein größeres Kompliment kann ich kaum machen. Alte Fahrensmänner werden sich sofort zurechtfinden, sobald sie die Steuerung verstanden haben. Die ist zunächst gewöhnungsbedürftig, aber durchaus durchdacht, benutzt sie doch den Ziffernblock. Notebookbesitzer oder Nutzer von Apples schickem, drahtlosen Keyboard brauchen sich nicht zu fürchten: Ist kein Zehnerblock vorhanden, schaltet das Spiel auf eine notebookfreundliche Steuerung um.

Aber allen Landratten sei noch kurz erklärt, worum es bei Pirates! überhaupt geht: Ihr kommt als junger Mann in die Karibik, um Euer Glück zu machen. Dabei ist Euch das Leben zunächst nicht freundlich gesonnen, denn Eure Familie wird versklavt und Ihr landet auf einem Seelenverkäufer samt tyrannischem Kapitän. Nachdem Ihr eine Meuterei angezettelt und den finsteren Käpt’n im Nahkampf besiegt habt, macht Ihr Euch mit der verbliebenen Crew als freischaffende Piraten selbstständig und versucht, Eure Familie wiederzufinden. Diese Familiensuche ist dann auch der einzige rote Faden, der sich durch das Spiel zieht. Ob ihr ihm folgt, bleibt einzig Euch überlassen.

Ihr könnt Euer Leben auf vielerlei Weise beschreiten: Vier Nationen warten darauf, Euch mit Kaperbriefen auszustatten, damit Ihr ohne von den Strafverfolgungsbehörden bedrängt zu werden die jeweiligen Feinde angreift. Oder geht Ihr lieber auf Schatzsuche? Auch kein Problem, in vielen Tavernen lassen sich Schatzkarten kaufen, und so ausgestattet könnt Ihr auf die Suche danach gehen. Oder seid Ihr lieber braver Handelsfahrer und mehrt so euren Reichtum? Aber Vorsicht, die Karibik ist ein piratenverseuchtes Gewässer…

In der Karibik ist ständig was los: Allianzen zwischen den Staaten werden geschmiedet und zerbrechen ebenso schnell, wie der Wind sich dreht. Einstmals stolze Kolonialstädte werden von (anderen) Piraten oder der Pest heimgesucht und sind nur noch Ruinen, in denen einige verzweifelte Überlebende hausen. Kleine Dörfer erleben durch die Entdeckung von Goldvorkommen oder durch die Ankunft der spanischen Schatzflotte einen unvorhergesehenen Aufschwung. Gouverneurstöchter schenken Euch ihre Gunst und entziehen sie Euch wieder, weil Ihr zu doof zum Tanzen seid. Auch in Städte hineingeschlichen und gefochten wird viel. Man bringt Schurken zur Strecke und wird im nächsten Moment selbst zum Gejagten, wenn nämlich eine feindliche Fregatte am Horizont auftaucht. Ihr verstrickt Euch in Seegefechte und greift Städte von Land aus an. Interessant bei den Kämpfen an Land ist, dass sich hier das Echtzeitspiel „Pirates!“ plötzlich in ein rundenbasiertes Strategiespiel verwandelt: Eure Pirateneinheiten und die der Gegner müssen wie Schachfiguren auf einem (zugegebenermaßen ziemlich „natürlich“ wirkenden) Spielfeld hin- und hergeschoben werden.

Das Spiel fesselt unglaublich, und das, bwohl alles mit nur vier Handelsgütern und fünf Fraktionen (Spanien, Frankreich, England, Holland und die Piraten) bewältigt wird. Eigentlich unglaublich.

Ihr merkt schon, ich bin vorbelastet. Aber auch die Schwächen sollen nicht verschwiegen werden: Die Schwertkämpfe sind ewig gleich, und bloß vier Handelswaren sind natürlich nicht allzu viel, um komplexe Handelsgeschäfte aufzubauen. Die KI ist eigentlich nur erbärmlich zu nennen (warum etwa flieht ein unterlegenes Schiff nicht, wenn ich es angreife, obwohl es schneller ist, sondern kreuzt doof auf mich zu, lässt sich abschießen und entern? Warum positioniert sich der Landgegner genau auf freiem Feld, statt in die Deckung zu gehen?).

Die vorliegende Version 1.0 hat noch einige Fehler. So bleibt der Statusbalken beim Fechten bei mir einfach in der Mitte kleben, oder einige Texte sind offensichtlich nicht übersetzt worden (ja, das Spiel ist komplett in Deutsch!), aber da schaue ich großzügig drüber weg, schließlich ist es „Pirates!“, was ich da spiele.

Fazit

Zum Schluss bleibt mir eigentlich nur ein lautes „Danke“ an Feral dafür, dass sie „Pirates!“ doch noch umgesetzt haben. Und ein noch größeres „Danke“ dafür, dass es ein echtes Universal Binary geworden ist, und kein Intel-only, denn so kann ich das Spiel auch noch auf meiner alten PowerPC-Gurke genießen. Und dann noch ein „Danke“ für die moderate Preisgestaltung: 25 Euro sind für ein derart gutes Mac-Spiel wirklich nicht viel. Also: ein fettes DANKE, Feral!

Systemvoraussetzungen

„Pirates!“ läuft auf allen Intel-Macs und Power Macs ab 1,6 GHz mit Mac OSX 10.4 oder höher. Und hier ist die Website von Feral Interactive dazu.

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0 Antworten auf “Sid Meier's Pirates!

  1. Ja, ja, die alten Freibeuter. Ich werde wohl, nein – ganz sicher – schwach werden und mit Ferals erster Legende in See stechen.
    Tolle Review, gutes Spiel – darauf einen Grog! Skol!

  2. Uiuiui, was hattest du denn da für eine üble Pirates! Version damals?? C64?

    Ich habe bessere Grafik von damals in Erinnerung, und zwar von der Amiga-Version:

    http://www.goodolddays.net/0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_en_0_287_show_1__0_0/

    bzw. später der CD32-Version (Pirates! Gold), die trotz AGA-Grafik (256 aus 16,7 Mio anstatt 32 aus 4096 Farben gleichzeitig) von den Farben her schlechter aussah, aber sonst mehr bot:

    http://www.goodolddays.net/0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_0_en_0_27_show_1__0_0/

  3. Ja, „das erste Mal“ war aufm C-64 und danach natürlich auch aufm Amiga und die Gold Version lege ich einmal im Jahr in meinen CD 32, wenn ich den mal wieder aus seinem Dornröschenschlaf erwecke…
    Aber die C-64 Bilder sind natürlich bewusst gewählt. Sollte ich mal in Verlegenheit kommen ein Rollenspiel-Review zu schreiben, dann würde ich auch die Schwarz-Weiß Grafiken von Anno Damals zur Demonstration verwenden 🙂

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