Strange Adventures in Infinite Space

Erwachsene Zocker haben meist ein Problem: Eigentlich ist die Lust zum Daddeln noch immer ungebrochen, doch leider nehmen sie die meisten Spiele zeitlich einfach viel zu sehr ein. Digital Eel hat das Problem erkannt und gebannt, indem sie das erste Adventure auf den Markt bringen, das in zwanzig oder weniger Minuten zu beenden ist. Der Name des Titels: »Strange Adventures in Infinite Space«.

Wir sind spät dran mit diesem Testbericht. »Strange Adventures in Infinite Space« kam bereits im Jahr 2002 auf den Markt. Es ist der zweite Titel, den Digital Eel veröffentlicht hat und der erste, der für den Mac portiert wurde. Das Spiel ist als einziges der Spiele aus dem Hause sowohl unter Mac OS X als auch unter Mac OS 9 lauffähig. Leider ist es auch der einzige Titel, der mit fünfzehn Dollar mehr als die bei Digital Eel üblichen zehn Dollar kostet. Allerdings ist er – soviel sei an dieser Stelle vorweg genommen – diesen Preis auch wert und im Vergleich zu anderer Shareware immer noch recht günstig.

Das Spiel versetzt uns zeitlich ins zweiundzwanzigste Jahrhundert. Der Menschheit ist es gelungen, tief in den Weltraum vorzudringen. Siedlerschiffe wurden in die entlegensten Winkel der Galaxie geschickt. Eins davon traf nach einer 2300 Jahre dauernden Reise bei Lichtgeschwindigkeit endlich auf einen Planeten, der gute Siedlungsbedingungen bot. Der Planet wurde »Hope« getauft. »Hope« liegt am Rande eines großen, violetten Nebels, dem »Purple Void«. Das Besondere an diesem Nebel ist die Tatsache, dass in ihm und um ihn herum viele außergewöhnliche Sternensysteme und merkwürdige Phänomene existieren. Es ist nun an der Zeit, diesen Nebel zu erforschen und seine Geheimnisse zu lüften. Und hier kommt ihr ins Spiel. Ihr seid ein einigermaßen arbeitsloser Pilot, pleite, und schon dermaßen verzweifelt, dass ihr zu allem bereit seid. Was für ein Glück, dass euch Lextor Mucron, ein Mann mit Durchblick, am Straßenrand aufgabelt. Er unterbreitet euch ein Angebot, dass derartig nach Profit riecht, dass ihr prompt einwilligt. Obwohl dies durch eine zwischen den Kontinenten des Planeten getroffene Vereinbarung untersagt ist, will er euch auf eine Forschungsmission in die unerforschten Sektoren rund um den Nebel schicken. Die Mission ist gefährlich, doch ihr seid verwegen und verzweifelt genug, um auf dieses Angebot einzugehen. Mucron spendiert euch ein Schiff und zugehörige Crew. Ihr habt zehn Jahre Zeit, durch den »Purple Void« zu reisen und möglichst viele, wertvolle Entdeckungen zu machen. Am Ende der Mission wird der Wert eurer Entdeckungen in Moneten umgerechnet – so ihr es erleben solltet.

Fairerweise dürft ihr zu Beginn des Spiels entscheiden, mit welchen – allesamt erbärmlichen – Waffensystemen euer Schiff ausgestattet werden soll. Auch die Anzahl der Gegner und die Größe des Nebels darf von euch bestimmt werden. Noch eben euren und den Namen eures Schiffes ins Dialogfeld eingetippt, auf den OK-Button geklickt und schon findet ihr euch, nachdem ihr durch einen Prolog mit der Story bekannt gemacht wurdet, auf dem wichtigsten Bildschirm des Spiels, der Karte, wieder. Über die Karte bestimmt ihr mit einem simplen Mausklick, zu welchem Sternensystem die Reise als nächstes gehen soll. Am oberen rechten Bildschirmrand seht ihr den Kalender, der sofort unerbittlich weiter blättert, sobald ihr in irgendeiner Form aktiv werdet. Links oben seht ihr eine Silhouette eures Schiffes, die Aufschluss über installierte Waffen-, Schild- und Antriebssysteme gibt. Falls ihr Alliierte finden konntet, werden auch sie in diesem Fenster aufgeführt. Darunter wird der Inhalt des Frachtraums angezeigt. Nicht installierte Waffensysteme können durch einen Klick auf das kleine gelbe Icon aktiviert werden. Eine weitere Position tiefer seht ihr einen groben Scan des von euch als Ziel anvisierten Sternensystems. Entscheidet ihr euch, zu diesem Sternensystem zu fliegen, setzt sich euer Raumschiff auf der Karte in Bewegung. Liegt zwischen euch und dem anvisierten Sternensystem ein Teil des Nebels, habt ihr Pech: Der Nebel kann mit den üblichen Antriebssystemen lediglich in Schneckentempo durchquert werden, folglich verliert ihr wertvolle Zeit. Da euch die den Nebel umgebenden Sektoren nur grob bekannt sind, kann es sein, dass ihr erst während eurer Reise Hindernisse im Raum entdeckt. Ein schwarzes Loch zum Beispiel. Hier habt ihr die Wahl: Weiterfliegen und eventuell eingesaugt werden, oder umkehren und noch mehr Zeit verlieren.

Wie schon erwähnt ist euer Schiff zu Beginn des Spiels lediglich mit erbärmlichen Waffensystemen ausgestattet. »Erbärmlich« ist ein Attribut, das sich auch auf eure Schilde und euren Antrieb anwenden lässt. Zum Glück ist es möglich, durch Handel mit Aliens oder durch Erforschung fremder Planeten an bessere Systeme zu gelangen. Hierbei gilt: Je länger und befremdlicher der Name, desto kraftvoller das System.

Trefft ihr in einem Sternensystem auf Aliens, werdet ihr zunächst vor die Wahl gestellt, ob ihr Kontakt aufnehmen oder lieber wieder dahin zurückfliegen wollt, wo ihr hergekommen seid. Mutige Piloten entscheiden sich natürlich für ersteres und stellen fest, dass ein Großteil der im »Purple Void« lebenden Rassen für Fremde nicht besonders viel übrig hat. Der folgend dargestellte Kampfbildschirm zeigt das in Echtzeit ablaufende Kampfgeschehen aus einer zweidimensional gehaltenen Aufsicht. Er ist dem Kartenbildschirm nicht unähnlich, auch hier erteilt ihr Befehle mit der Maus. Zunächst wählt ihr das Schiff, dem ihr einen Befehl erteilen wollt, dann wählt ihr sein Ziel aus. Falls ihr euch in letzter Sekunde dazu entscheidet, einen Rückzieher zu machen, reicht ein Klick auf den »Retreat«-Knopf, und wenn die Distanz zwischen euch und dem Gegner groß genug ist, stehen die Chancen gut, dass ihr unbeschadet das Sternensystem verlassen könnt. Seid ihr jedoch erst einmal in Kämpfe verwickelt, heißt das Motto »Augen zu und durch«, da eine Flucht dann nahezu unmöglich ist.

Bereits beim ersten Start fällt die Grafik auf. Die ist, obwohl lediglich auf zweihundertsechsundfünfzig Farben beschränkt, herrlich bunt geraten, schön anzusehen und erinnert ein wenig an den Stil alter Science-Fiction B-Movies. Das Spiel ist gänzlich zweidimensional gehalten, sämtliche Objekte, sogar Explosionseffekte und Laserstrahlen wirken wie »handgezeichnet«. Auch in diesem Spiel dominiert der – aufmerksamen Lesern bereits aus »Big Box of Blox« bekannte – schräge Illustrationsstil des Grafikers vom Dienst, Phosphorous. Der durfte sich hier richtig austoben, insbesondere beim Design der verschiedenen Alienrassen gab es scheinbar kein Halten. Drollige, geschäftstüchtige Vögel gesellen sich zu paranoischen Würmern und rotäugigen Philosophen. Doch auch an Usability wurde gedacht: Da es bei »Strange Adventures in Infinite Space« eine Menge zu lesen gibt, lassen sich Teile des Bildschirms durch eine im Spiel eingebaute Lupenfunktion vergrößern.

Auch der Sound ist nicht von schlechten Eltern und ergänzt die Grafik zu einem stimmigen Ganzen. Musik gibt es eher selten zu hören bei »Strange Adventures in Infinite Space«, und wenn, handelt es sich lediglich um kurze – wenngleich wohlklingende – Loops. Die Sounduntermalung beschränkt sich in weiten Teilen auf mehr oder weniger dezente Atmosounds und Soundsequenzen, die eingespielt werden, wenn euch besondere Ereignisse wiederfahren – wie zum Beispiel die Begegnung mit Aliens. Auch die Geräuschkulisse im Kampf nimmt Bezug auf alte Science-Fiction-Filme und kann sich hören lassen: Die Schutzschilde knistern herrlich elektrisch, die Explosionen machen ordentlich Krach, die Laser zischen wie es sich gehört.

Und all dies ist auch bitter notwendig, um euch so lange bei der Stange zu halten, bis der Funke überspringt…

Sind die zehn Jahre abgelaufen, solltet ihr euch schleunigst auf den Heimweg machen, denn Mucron duldet keine Verspätungen und ahndet Verzögerungen mit saftigem Punkteabzug. Eure Punktzahl wird auf einer fünfundzwanzig Positionen umfassenden Highscoretabelle vermerkt. Tatsächlich sind die zehn Jahre meist in weniger als zwanzig Minuten abgelaufen, wahrscheinlicher ist eine Spieldauer von durchschnittlich zehn Minuten pro Runde. Neue Spieler werden diese Zeit vermutlich problemlos unterbieten können, denn der Schwierigkeitsgrad ist auch in der niedrigsten Spielstufe recht hoch. Die kurze Spielzeit ist zunächst schon ein wenig irritierend, denn just in dem Moment, in dem man »warm« wird, muss man auch schon wieder aufhören. Gerade nach den ersten Spielen weiß man nicht so richtig, was man mit »Strange Adventures in Infinite Space« anfangen soll.

Doch spätestens, wenn ihr die Elemente des Spiels so weit kennengelernt habt, dass ihr nicht mehr ganz so ziel- und ahnungslos durch den Raum tingelt, packt euch das Highscore-Fieber. Nach mehreren Spielen stellt ihr fest, dass sich jede Runde anders gestaltet. Die Karte sieht bei jedem Neustart anders aus, in jedem Spiel trefft ihr auf andere Alienrassen und findet unterschiedliche Items. Manchmal gilt es sogar, die Invasion einer anderen Rasse oder die Zerstörung eures Heimatplaneten abzuwehren. Für genug Abwechslung ist also gesorgt. Und sollte sich dennoch Langeweile einstellen: Auf diversen Fansites werden Mods zum Download angeboten, zwei Mods werden sozusagen frei Haus bei der Vollversion des Spiels mitgeliefert.

Fazit:

Auch, wenn es zunächst nicht so scheinen mag, ist den Jungs von Digital Eel mit »Strange Adventures in Infinite Space« nicht nur ein mehr als ordentlicher, sondern auch ein recht innovativer und mutiger Titel geglückt. Eine Verknüpfung von klassischem, kurzweiligem Highscore-Game und Adventurespiel traut sich so schnell wohl keiner mehr, und die, die es versuchen, werden es schwer haben, einen vergleichbar kurzweiligen und unterhaltsamen Titel wie diesen dabei zu entwickeln. Die Grafik gefällt, der Sound auch, das Konzept sowieso: »Strange Adventures in Infinite Space« ist der typische Titel für die kurze Runde zwischendurch, die dann doch den ganzen Abend dauert.

Christian Schramm

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt bei Digital Eel.

Bilder (klicken für mehr)

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