Virtual Grand Prix 2

Die Formel 1 ist mit der derzeitigen Ferrari-Dominanz ja ein wenig langweilig geworden… Was liegt da näher, als sich selbst hinter das Steuer eines Formel 1-Flitzers zu setzen und der Konkurrenz die Auspuffrohre zu zeigen? Der bisherige Platzhirsch unter den F1-Simulationen F1 Championship Season 2000 von Electronic Arts hat einen Herausforderer bekommen. Paolo Cattanis Virtual Grand Prix 2 schickt sich an die Krone zu übernehmen.

Das erste Erstaunen macht sich bei den Systemanforderungen des Herausforderers breit. Ein G3 mit 333 MHz und 128 MB RAM soll reichen. Auch auf der F1 2000-Packung sind 333MHz als Minimum angegeben, aber bei der EA-Raserei sind diese Werte doch arg untertrieben… Auf einem 350 MHz iMac (mit 6 MB Grafikkarte) läuft VGP 2 hingegen in 1024er Auflösung mit maximal einstellbaren Details flüssig. Auf meinem 900 MHz iBook (ATI Radeon 7500 32 MB) kann ich sogar mit zusätzlich eingestelltem Antialiasing (2x, bei 4x wird es doch etwas ruckelig) noch flüssig spielen. Es fehlen allerdings im Spiel viele Effekte, die F1 2000 realistischer aussehen lassen, wie Schatten auf der Strecke, Reklametafeln am Streckenrand oder Videowände, auf denen das aktuelle Geschehen dargestellt wird und vor allem Objekte wie Kräne am Streckenrand.

VGP 2 gibt sich leider auch beim Streckendesign extrem sparsam. Die verschiedenen Kurse tragen zwar allesamt die bekannten Namen aus der Formel 1, aber es werden für jede Strecke die gleichen Texturen benutzt, so dass sie sich optisch gleichen, wie ein Ei dem anderen. Typische Streckenmerkmale, wie das Riesenrad in Suzuka fehlen komplett. Bei VGP 2 liegen scheinbar alle Rennstrecken in einer mitteleuropäischen Wald- und Wiesenlandschaft. Die Kurse scheinen insgesamt auch etwas flacher zu sein, als in anderen Rennspielen. So scheint z. B. der Berg nach der 90°-Kurve bei der Boxengasse in Spa kaum zu existieren. Wenn man sich damit abfindet auf irgendwelchen Fantasiestrecken zu fahren und die Strecken nicht mit den Originalen vergleicht, kann man trotzdem spannende Rennen erleben. Zum Fahren stehen die üblichen Kamerapositionen zur Verfügung, Cockpit- und Verfolgerkamera. Man kann auch in einer Art TV-Kamera-Ansicht fahren, aber das macht nicht wirklich Sinn, auch wenn es ganz nett aussieht. Wenn die eigene Platzierung nicht so wichtig ist, kann man sich auch jederzeit das Rennen aus der Sicht eines anderen Fahrers in allen verfügbaren Kameraperspektiven begutachten. Leider kann man die gegnerischen Fahrer nur während des Rennens begutachten, da für die Replayfunktion nur ungefähr 15 Sekunden gespeichert werden…

Genug des Grafikgemeckers… Der Kern des Spiels ist das Fahren, und hier gibt es wenig zu bemängeln. Die Force-Feedback-Effekte gehören zu den Besten, die es am Mac gibt. Obwohl sie in der Stärke nicht anpassbar sind, haben sie genau die richtige Kraft, um das Fahren nicht zu behindern, sondern zu unterstützen. Der Grenzbereich des Wagens lässt sich gut abschätzen und eine Motorvibration im Lenkrad gibt es nicht. Doch auch mit der Tastatur kann man die Wagen recht effizient über die Kurse prügeln, obwohl oder gerade weil die Tastatursteuerung relativ träge ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings eine perfekte Streckenkenntnis. Die im Lenkrad angezeigten Infos zu Gang, Drehzahl, Sprit usw. sind leider aufgrund einer Sonneneinstrahlung, die zeitweise und nur auf dem Display zu sehen ist, in den meisten Situationen nicht zu erkennen. Aber Drehzahlen soll man ja eh hören und nicht ablesen…

Wenn man im Arcade-Modus spielt, gibt es nur zwei Einstellungsmöglichkeiten im Set-up-Menü. Das Feintuning des Wagens mittels des umfangreiche Telemetrie-Bildschirms ist dem Simulationsmodus vorbehalten. Nach einigem suchen habe ich auch festgestellt, dass man nur im Set-up-Menü die Gangschaltung von Automatik auf manuell stellen kann. Das muss man dann für jedes Rennen erneut machen. Sicher kann man durch die speziellen Einstellungen wertvolle Sekunden im Kampf um einen Podiumsplatz aus dem Wagen kitzeln, bei den Schwierigkeitsstufen unter As ist dies im Arcade-Modus nicht erforderlich. Im Simulationsmodus werden die Einstellungen dann schon deutlich wichtiger, da das Schleuderverhalten eine sehr kontrollierte Beschleunigungs- und Bremsarbeit erfordert. Die Auswahl an Fahrhilfen ist auf Arcade-Modus, Unzerstörbarkeit und Automatikgetriebe begrenzt. Brems- und Lenkhilfen gibt es nicht. Auch wenn Anfänger es damit etwas schwerer haben, reichen die verfügbaren Hilfen eigentlich aus. Wenn man z. B. bei F1 2000 alle Fahrhilfen einschaltet braucht man nur noch Gas geben, der Wagen wird vor Kurven automatisch abgebremst und durch die Kurven gelenkt, und das ist extrem langweilig.

Auch für die Meisterschaft darf man keinen eigenen Fahrer anlegen, sondern nur einen der 20 Piloten auswählen. Mit der Auswahl legt man dann auch gleich im Blindflug die Farbe seines Wagens fest. Wenn man also nicht gerade Kaiser, Polymorph oder McRender heisst, hat man schlechte Karten. Und wenn man schon Kaiser heisst, aber mit einem blauen Wagen fahren will auch. Fahrerstatistiken und Streckenrekorde sucht man im Spiel vergeblich.

Formel 1-Wagen kreischen ja immer ein wenig nervig und hochtourig über die Kurse (ein sattes V8-Blubbern würde auch irgendwie stören), doch in VGP 2 hört sich der Sound etwas besser an, als bei der Konkurrenz. Die weibliche Stimme, die für den seltenen Boxenfunk zuständig ist durch ihren vermutlich italienischen Akzent nicht immer richtig zu verstehen. Ambient-Sounds sind nicht vorhanden.

Das Handbuch ist leider nur als PDF auf der CD vorhanden. Neben den normalen Erklärungen gibt es dort auch noch ein paar Tipps zum Tuning des Wagens.

Als echtes Bonusfeature beinhaltet VGP 2 noch einen Streckeneditor. Ich bin mit dem Teil allerdings überhaupt nicht zurecht gekommen. Die paar Seiten dazu im Handbuch haben nicht ausgereicht, um mir zu erklären, wie man nun eine Strecke baut, oder auch nur sinnvoll modifiziert. Die etwas laschen Texturen des Spiels sollten sich damit eigentlich auch austauschen lassen…

Fazit:

Nach all den aufgelisteten negativen Punkten bleibt die Frage: Warum ist das Spiel insgesamt nicht so schlecht? Sicher, ein grafisches Freudenfest ist VGP 2 nicht, aber die inneren Werte, in diesem Fall die Fahrphysik, können voll überzeugen. Es macht einfach Spaß. Aufgrund der fehlenden Fahrhilfen ist VGP 2 für Einsteiger nicht wirklich geeignet. Rennprofis mit leistungsstarkem Force Feedback-Lenkrad, wie dem Logitech Momo Force, werden am beinharten Simulationsmodus ihre Freude haben, sofern sie auf die optischen Schmankerl verzichten können. Insgesamt bietet F1 2000 aber das bessere, weil umfangreichere, Paket an, sofern die Rechnerleistung stimmt.

Cajus Zi

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt im macinplay-Shop.

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