Die Sims 2: Vier Jahreszeiten

Um die Vergänglichkeit von schönen Momenten, guten Zeiten und sonnigen Sommern wissen nicht nur sentimentale Spielernaturen, sondern auch die Softwareentwickler bei Electronic Arts Bescheid. Deswegen erwischt die Härte des wahren Lebens nun auch die virtuelle Welt der »Sims 2«, und das im wahrsten Sinne des Wortes eiskalt. »Vier Jahreszeiten« macht dem ewig währenden »Sims 2«-Sommer den Garaus und bringt mieses Wetter und damit verbundene Stimmungsschwankungen ins Spiel.

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Hasen, die springen,
Lerchen, die singen,
werden sicher den Frühling bringen
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Obwohl »Die Sims 2« schon ziemlich komplex ist, finden sich immer wieder neue Lücken, die dem Anspruch des Spiels, dem Alltag möglichst nahe zu kommen, im Weg stehen. Um diese Lücken zu füllen, darf der Spieler so genannte Erweiterungspakete installieren. Davon gibt es mittlerweile schon eine ganze Menge. Zum Zeitpunkt dieses Tests wurde bereits das nächste Erweiterungspaket angekündigt. »Vier Jahreszeiten« geht – als fünfte Erweiterung – eine recht klaffend scheinende Lücke an. Einen künstlichen Spielekosmos zu schaffen, in dem nicht nur das Leben virtueller Menschen, sondern auch deren Umwelt einen stetigen Wandel durchläuft, klingt in der Tat sehr reizvoll – welcher Sims 2-Spieler hat sich noch nicht an dem immer gleichen Wetter im Spiel gestört? Meine Erwartungen sind entsprechend hoch, angestachelt nicht zuletzt durch den Verpackungstext, der nicht nur die neuen Jahreszeiten, sondern auch deren Auswirkungen auf das Gemüt und die Beziehungen der Sims anpreist.

»Vier Jahreszeiten« integriert sich einigermaßen nahtlos ins Spiel. Nach der Installation findet sich eine neue Nachbarschaft im Auswahlmenü. Die Spielstände der alten Nachbarschaften bleiben selbstverständlich unberührt.

Der Verlauf der Jahreszeiten geschieht gänzlich automatisch, mit einer Ausnahme: In »Vier Jahreszeiten« darf ich entscheiden, in welcher Reihenfolge die Jahreszeiten ablaufen. Gegeben den Fall, dass ich es witzig fände auf den Frühling direkt den Winter folgen zu lassen, könnte ich das in Jahreszeiten genau so haben. Und falls ich der Jahreszeiten irgendwann gänzlich überdrüssig werden sollte, könnte ich auch den ewig währenden Sommer zurückrufen. Aber soweit bin ich ja noch lange nicht.

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Es ist selten ein Sommer ohne Hagel
und ein Kopf ohne Nagel
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Im Nachbarschaftsmenü sieht zunächst alles unverändert aus: Kein Wunder, denn die Startjahreszeit ist der Sommer – und zwar für jeden Haushalt. Der Verlauf der Jahreszeiten wird für jeden Haushalt separat gesteuert, was irgendwann zwangsläufig dazu führt, dass die verschiedenen Haushalte meiner Nachbarschaft alIe in unterschiedlichen Jahreszeiten liegen. Ein technisches Manko, das wohl nicht anders zu lösen gewesen ist – leider. Denn ein bisschen störend finde ich es schon, wenn ich meinen Sim aus der winterlichen Heimat zum sommerlichen Gemeinschaftsgrundstück schicken muss.

In jeder Jahreszeit bekommen es die Sims mit den – für die entsprechende Jahreszeit typischen – Wettererscheinungen zu tun. Im Winter fällt Schnee, im Herbst stürmt es und im Sommer fällt warmer Sommerregen. Das Wetter hat in der Tat Auswirkungen auf verschiedene Aspekte des Lebens meiner Sims. Im Frühling flirtet es sich zum Beispiel besonders gut, während im Herbst das miese Wetter ein wenig bedrückt. Dafür ist in dieser Jahreszeit besonders intensive Arbeit angesagt: Das Laub der Bäume will zusammengeharkt, Früchte wollen geerntet und die Sims ordentlich auf den anstrengenden Winter vorbereitet werden.

Neben den alten Wohlbefindlichkeitsparametern wie ›Hunger‹ oder ›Müdigkeit‹ gibt es als weitere Neuerung jetzt die Körpertemperatur, die von mir beachtet werden muss. Sitzt ein Sim zu lange in der prallen Sommersonne, ereilt ihn zunächst der Sonnenbrand und dann der Hitzeschlag, verlässt er im Wintersturm ohne angemessene Kleidung das Haus, wird er bald Frostbeulen bekommen. Um auch im Winter angemessen gekleidet das Haus verlassen zu können, spendiert »Vier Jahreszeiten« den Sims mit ›Outdoorkleidung‹ eine weitere Kleidungssparte. Für den Winter finden sich hierin lange Wintermäntel und dicke Pullover, die den Sims auch bei niedriger Außentemperatur eine angenehme Körpertemperatur bescheren.

Damit die Sims in jeder Klamotte perfekt aussehen, besteht nun die Möglichkeit, für jede Kleidersparte eine eigene Frisur zu definieren. In Sportkleidung lässig leger und im Anzug elegant gestriegelt aufzutreten ist für einen Sim nun kein Problem mehr.

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Fällt das Laub im Wald sehr schnell,
ist der Winter bald zur Stell
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Betätigten sich die Sims bisher noch eher in den eigenen vier Wänden, gibt es durch »Vier Jahreszeiten« nun eine ganze Hand voll Gründe, die virtuellen Menschlein häufiger ins Freie zu schicken. Tatsächlich kann nun der Garten vom eher dekorativen Element zur vollwertigen Spielumgebung umgestaltet werden. Vier Jahreszeiten bringt hierzu neue ›lebendige‹ Gewächse mit, die der Sim hegen und pflegen kann. Hierzu zählen drei verschiedene Sorten Obstbäume sowie verschiedene Strauchgewächse, die im neuen Gemüsegarten oder aber im Gewächshaus gezüchtet werden können. Pflegen die Sims diese Pflanzen entsprechend liebevoll, dürfen nach gewisser Zeit die Früchte der Arbeit geerntet werden. Aber auch hier gilt es, zu lernen und zu forschen: Welches Gewächs wird in welcher Jahreszeit am Besten ausgesät? Warum werden die eigentlich liebevoll gepflegten Obstbäume ständig von Schädlingen befallen? Wenn sich die Sims beim Anbau von Obst und Gemüse besonders Clever anstellen, kann die reiche Ernte auch in Cash umgewandelt werden.

Doch auch abgesehen vom Züchten von Obst und Gemüse gibt es nun im Freien mehr zu tun: Im Sommer dürfen sich die Sims auf dem grünen Rasen sonnen, im Herbst darf das von den Bäumen fallende Laub zusammengeharkt und kompostiert werden, und im Winter lädt eine dicke Schneedecke zum Schneemannbauen und zur Schneeballschlacht ein.

Die ganze Aktivität im Freien lohnt sich: Den Sims macht es Spaß, wenn sie Unkraut im Gewächshaus jäten oder die Obstbäume zurechtstutzen dürfen. Außerdem können sich erfolgreiche Gärtner selbst ernähren und müssen ihren Nahrungsmittelbedarf nicht mehr ausschließlich über den teuren Händler decken. Besonders eifrige Sims dürfen Mitglied im Gartenverein werden und bekommen Rabatt auf Gärtnerei-Artikel, Zugriff auf andere Pflanzensamen, sowie faszinierende Rezepte für die schicke Saftpresse, die mit »Vier Jahreszeiten« einzug in die Küche hält.

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Der Winter scheidet nicht,
ohne noch einmal zurückzusehen
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Auch für »Vier Jahreszeiten« gilt, was für die meisten anderen Erweiterungen zu »Die Sims 2« gilt: Über all die Neuerungen wollen die ursprünglichen Spielziele nicht vergessen werden. Die Sims sollen nach wie vor ein möglichst erfolgreiches Leben führen: Erfolg im Job haben, Glück in der Liebe, Reich an Nachwuchs sein. Wie so häufig, wenn ich ein neues Erweiterungspaket installiere, frage ich mich bald, wie ich das überhaupt alles schaffen soll. Es gibt soooo viel anderes, neues, interessantes zu tun – und das Leben der Sims ist noch immer soooo kurz. Die Lösung des Dilemmas liegt in der Erkenntnis, das »Vier Jahreszeiten«, trotz all des jahreszeitlich bedingten, grafischen Bombasts, trotz der Aufwertung des Gartens und trotz neuer Spaßobjekte, aus »Die Sims 2« kein neues Spiel macht. Alles, was »Vier Jahreszeiten« an Neuerungen mit sich bringt, bleibt letztendlich ein mehr oder weniger wichtiges Detail und/oder Gimmick. Das, was das Spiel »Die Sims 2« eigentlich antreibt, ist nicht der Freizeitaspekt, auf den diese Erweiterung leider ihren Schwerpunkt legt.

Zum Schluss noch ein paar Worte zur Technik: Vier Jahreszeiten schraubt die Systemanforderungen des gesamten Spiels erneut nach oben: Nach der Installation verlangt das Game nach einem mit mindestens 1,4 Ghz getakteten Hauptprozessor. Auf PowerPC-Rechnern, in denen kein G5 steckt, wird die Luft damit ziemlich dünn, und das merkt man. Eine Performance-Rakete war das Spiel auf meinem Powerbook zum Beispiel nie, und nach der Installation des Erweiterungspaketes läuft es leider noch langsamer. Besitzern von Rechnern mit ›schwacher‹ Hardware sei damit vom Kauf dieser Erweiterung abgeraten.

Fazit:

»Vier Jahreszeiten« bringt mich wie keine andere Erweiterung zuvor in einen Zwiespalt: Stürze ich mich auf die neuen – und letztenendes doch nur vordergründig interessanten – Features und vernachlässige dafür die Lebensziele meiner Sims? Mich frustriert die Tatsache, dass ich vieles von dem, was die Erweiterung an neuen Tätigkeitsfeldern mit sich bringt, nicht intensiv nutzen kann. Denn dafür fehlt schlicht die Zeit. Unterm Strich bin ich ernüchtert. Vor allem deswegen, weil mit den Jahreszeiten und dem Wetter eigentlich total neue und grundsätzliche Elemente Einzug halten, und »Vier Jahreszeiten« trotzdem erstaunlich wenig neue Substanz ins Spiel bringt. Sicher: Das Spiel wirkt realistischer. Die Wettereffekte können sich sehen lassen. Gärtnern macht Spaß. Die wetterbedingten Stimmungschwankungen machen Sinn, und »Vier Jahreszeiten« macht das Spiel bestimmt nicht schlechter. Dennoch: Begeisterung ist anders. Vielleicht habe ich aber nur zu viel erwartet.

Christian Schramm

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt im macinplay-Shop.

Bilder (klicken für mehr)

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