Die Sims 2

Es schlägt 19:00 Uhr. Zeit für die tägliche Dosis Soap. Wo die einen den Fernseher anschmeißen, hocken sich die anderen vor den Mac. Der Grund ist nicht etwa ein Livestream des Lieblingsfernsehprogramms, sondern ein Computerspiel. Ein Computerspiel, dessen Vorgänger es bereits blendend verstand, die Daily Soap auf den Desktop zu bringen. Die Rede ist vom Nachfolger des erfolgreichsten Mac-Spiels aller Zeiten, Die Sims, die Rede ist von »Die Sims 2«.

In Anbetracht des mehr als nur erfolgreichen Vorgängers sahen wir uns genötigt, ein umfassendes Preview zum Spiel zu veröffentlichen. Wer also noch gar nichts über das Spiel weiß, ist herzlich eingeladen, sich dieses Preview zu Gemüte zu führen – am dort erläuterten Funktionsumfang des Spiels hat sich nichts geändert und wir wiederholen uns nur ungern.

Vorgeplänkel

Stattdessen wollen wir uns hier direkt und unvermittelt in die Praxis stürzen. Die Installation des Games ist vollkommen unkompliziert. Es reicht, den Spielordner von der DVD auf den Rechner zu ziehen, beim ersten Spielstart legt das Spiel dann alle zum Spielen benötigten Ordner selber an. Vollständig installiert, belegt »Die Sims 2« ca. 3,5 GB eurer Festplatte. Die benötigte Speichermenge zeigt schon: »Die Sims 2« ist ein fettes, komplexes Monster. Das Spiel bringt eine, für heutige Verhältnisse recht dicke, gedruckte Anleitung mit, die jedoch bei weitem nicht ausreicht, um den Funktionsumfang des Spiels komplett zu erläutern. Zu viele Fragen bleiben offen, zu viele, teils wichtige Bestandteile des Spiels bleiben unerwähnt. Das im Spiel enthaltene Tutorial geht da schon ein paar Schritte weiter, aber auch hier werden nicht alle Funktionen des Spiels erklärt. Kenner des ersten Teils sind also ganz klar im Vorteil. Neulinge müssen leider häufig herumprobieren, bis sie zum gewünschten Ziel gelangen. Erschwert wird der Einstieg unter anderem durch die häufig doch recht unübersichtlichen und verschachtelten Befehlsmenüs. Manche Befehle sind in Untermenüs versteckt, andere sind nur in bestimmten Spielsituationen aufrufbar und tauchen auch nur dann auf.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Spielen gibt es bei »Die Sims 2« keine Mission, die der Spieler zu erfüllen hat. Das Spiel hat deswegen auch kein wirkliches Ende. »Die Sims 2« simuliert den Alltag aus mehreren Familien bestehender Nachbarschaften. Höchst unterschiedliche, virtuelle Individuen leben in diesen Nachbarschaften zusammen. Grundsätzlich besteht der Auftrag des Spielers darin, im Leben der virtuellen Menschen herumzupfuschen und durch gezieltes Eingreifen den kleinen Computerwesen zu einem besseren Leben zu verhelfen, bzw. deren Entwicklung unseren Wünschen und ihren Veranlagungen entsprechend zu gestalten. Das Ganze ist eine endlose Geschichte. Jeder Sim lebt nur eine begrenzte Zeit, abhängig davon, wie angenehm sein Leben verlaufen ist, kann ein Sim ein höheres Alter erreichen. Irgendwann ist jedoch Schluss, und wenn bis dahin kein Nachwuchs gezeugt werden konnte, stirbt der Familienzweig des Sim mit ihm. Ist der Sim jedoch erfolgreich und setzt reichlich Kinder in die virtuelle Welt, kann das Spiel zu einem Familienepos ungeahnten Ausmaßes auswachsen.

Wird der Spieler seiner Sims überdrüssig, kann jederzeit in eine andere Familie des ausgewählten Szenarios gewechselt werden. Die verlassenen Sims existieren weiter und werden im weiteren Spielverlauf vom Computer gesteuert.

Das Spiel ist ohne Altersbeschränkung für den Handel freigegeben – eine Tatsache, die mich zunächst zu der irrigen Annahme verleitet hat, »Die Sims 2« sei ein harmloses, niedliches Spiel gehobenen Anspruchs für die ganze Familie. Stille Wasser sind tief: »Die Sims 2« ist zwar niedlich und süß, dabei jedoch keinesfalls unschuldig oder harmlos. Besorgten Eltern sei auf jeden Fall angeraten, »Die Sims 2« in den ersten Sitzungen zusammen mit dem Nachwuchs zu spielen – und sich auch am besten vorher hinreichend auf die höchstwahrscheinlich schwierigen Fragen vorzubereiten.

»Die Sims 2« bietet drei vorgefertigte Szenarios an, in denen sich der unerfahrene Spieler zunächst austoben und ausprobieren sollte. Erfahrene Spieler dürfen natürlich gleich mit der Konstruktion eigener Sims, deren Familien und Nachbarschaften beginnen. Die Kreation einer Familie kann, wenn sie gewissenhaft durchgeführt wird, zu einer abendfüllenden Beschäftigung werden – mehr dazu später. Da ich jedoch nicht zu den erfahrenen Spielern gehöre, begebe ich mich nach ›Schönsichtigen‹, eine eigentlich sehr friedliche Vorstadt. Die Ruhe wird jedoch empfindlich gestört, seit neue Nachbarn in die Gegend gezogen sind. Im Hauptmenü des Szenarios werde ich zunächst vor die Wahl gestellt, in welche Sim-Familie ich einziehen möchte. Außerdem kann ich dort Grundstücke bebauen, Familien umsiedeln oder neue von mir selbst entworfene Familien in die Stadt einziehen lassen. Doch soweit bin ich noch lange nicht. Zunächst suche ich mir einen bestehenden Haushalt aus.

Die Akte Lotario

Der Haushalt Lotario sieht interessant aus. Don Lotario lebt alleine – ich vermute in meiner jugendlichen Naivität, dass sich das Leben eines alleinstehenden Sim zum Einarbeiten besser eignet, als das Leben einer mehrköpfigen Familie. Don Lotario ist ein Lebemann wie er im Buche steht: Er hat vielseitige soziale Interessen, ist dabei unfähig, sein Haus selbst sauber zu halten und beruflich äußerst eingebunden. Vor allen Dingen jedoch, und das stellt sich recht bald heraus, ist er mit einer Libido gesegnet, die selbst einen Bonobo einschüchtern würde.

Als ich das Haus ›Lotario‹ betrete, gleicht es einem Saustall. Meine erste Aufgabe besteht zunächst darin, eine Putzfrau zu bestellen, die die unangenehme Hausarbeit in Zukunft für Don erledigt. Kein Problem. Beim Blick ins virtuelle Telefonbuch stellt sich heraus, dass Don ein echter Gigolo ist – drei Frauen befinden sich bereits ohne unser Zutun im Adressbuch. Ein weiterer Blick in das Beziehungsregister offenbahrt, dass Don mit allen drei Damen eine romantische Beziehung pflegt. Und das soll auch so bleiben: Dons Wünsche und Lebensziele drehen nur selten um etwas anderes als ums – wir wollen die Sache beim Namen nennen – Ficken. Und das geht ohne Frauen schlecht – zumindest, wenn man, wie Don, heterosexuell ist. Apropos: »Die Sims 2« lässt gleichgeschlechtliche Beziehungen zu – interessant, wie ich finde.

Die Putzfrau ist also bestellt, den Rest des Tages – den Don netter Weise frei hat – verbringen wir mit Dina, die eine seiner Freundinnen ist. Auch sie bestelle ich per Telefon zu Don. Die Herzchen in seiner Wunschliste zeigen mir die ganze Zeit unverblümt an, wonach meinem Sim der Sinn steht… Aber die Idee, in den ersten Spielminuten einen Koitus herbeizuführen scheint mir ein wenig zu direkt, und so beschränke ich Don zunächst aufs Knutschen, Flirten, Händchenhalten und so weiter und so fort. Ich werde dafür auch prompt abgestraft: Zwar sind Dons Bedürfnisse für den Moment befriedigt, aber die Launenanzeige ist im Laufe des Abends gefallen.

Nachdem Dina das Haus verlassen hat, bleibt nur noch gerade Zeit, Don unter die Dusche zu schicken und ihn danach ein Brot mampfen zu lassen. Wie ich feststellen muss, nimmt die Befriedigung der Grundbedürfnisse recht viel Zeit in Anspruch. Selbst in der langsamsten der drei Geschwindigkeitsstufen rinnt die Zeit hinfort wie Sand zwischen den Fingern. Ein Tag im Spiel entspricht ungefähr einer realen Stunde. Als Don endlich bereit ist, ins Bett zu gehen, ist es bereits ein Uhr nachts, und da Don früh aus den Federn muss, bleibt nur recht wenig Zeit zum Schlafen. Am nächsten Morgen lasse ich ihn ordentlich Frühstücken – ein schlecht genährter Sim kann bei der Arbeit nicht die volle Leistung bringen. Für das gesamte Procedere Duschen, Pinkeln und Frühstücken benötigt Don zwei Stunden. Hier unterscheidet sich »Die Sims 2« leider recht wenig von seinem Vorgänger. Ehe ich mich versehe, fährt die Fahrgemeinschaft vor, um Don zur Arbeit abzuholen. Don verlässt das Haus und lässt mich alleine vor dem Rechner sitzen.

Arbeit und Alltag

Vergeht die Zeit, wenn der ausgewählte Sim vor Ort ist, so schnell, dass das Spiel schon stressig wird, macht sich während der Abwesenheit des Sim gähnende Langeweile breit. Selbst wenn ich die Zeit beschleunige, dauert es gut anderthalb bis zwei reale Minuten, bis Don von der Arbeit zurückkehrt. Wird Don bei der Arbeit mit außergewöhnlichen Entscheidungen konfrontiert, wird mir die Möglichkeit gegeben, die Entscheidung für Don zu treffen. Genau das geschieht an seinem ersten Arbeitstag. Mir wird ein Textfenster eingeblendet, dass die Situation kurz umschreibt. Don meint, seinen Vorgesetzten kritisieren zu können, ich soll nun entscheiden, wie er vorgehen soll. Soll er sofort das Maul aufreißen, den Vorgesetzten erst später darauf ansprechen oder schweigen? Ich entscheide mich für ersteres und werde belohnt: Don wird befördert, vom Assistenz- zum Notarzt. Ich freue mich – bis ich einen Blick auf die neuen Arbeitszeiten werfe, denn die lassen recht wenig Platz für Dons andere Interessen. Don hat ab sofort Tagsüber frei und muss Nachmittags und Abends Schicht schieben.

Und auch als er um 18 Uhr nach Hause kommt, bleibt nicht mehr viel Zeit für Hobbies. Ich lasse ihn die Zeitung lesen – das bildet und sorgt für ausreichend Gesprächsstoff bei der Begegnung mit anderen Sims. Danach gibt’s Abendbrot, das obligatorische Duschen und der Gang auf die Toilette, ein wenig Chatten – eine gute Gelegenheit, neue Sims kennen zu lernen – und schon ist wieder Zeit für die Heia.

Die kleinen Freuden

Am nächsten Tag kann Don ausschlafen – die Ruhe wird jedoch durch die Putzfrau gestört, die um Punkt zehn ihren Dienst antritt. Ihr Hausmädchen-Outfit ist so provozierend knapp geschnitten, dass von vornherein klar ist, wohin ihr Weg führen wird. Nachdem die Gute ihre Arbeit verrichtet hat, werde ich vor die Wahl gestellt: Darf sie bleiben oder soll sie abhauen? Ein Blick auf Dons aktuelle Wunschliste macht die Entscheidung einfach – Katharina darf bleiben und steigt prompt mit Don in den Whirlpool. Wieder leuchten mich rote Herzen aus der Wunschliste an, Don und Katahrina verstehen sich auch sofort blendend. Ich will also die Vollstreckung einleiten, finde jedoch den Befehl nicht. Die Zeit läuft mir weg, Don muss bald zur Arbeit aufbrechen und am Ende des Dates sind nicht nur Don und Katharina, sondern auch ich frustriert.

Weder Bedienungsanleitung noch Tutorial geben Aufschluss über die »Paarungsfunktion«, also muss ich im Internet nachsehen. Hier erfahre ich, dass der GV nur an bestimmten Örtlichkeiten ausgelöst werden kann. Zum Beispiel dem Bett, dem Whirlpool und – man höre und staune – auf öffentlichen Toiletten!

Am nächsten Tag lasse ich Don nicht lange rumfackeln und komme direkt zur Sache. Ort des Geschehens: das Bett. Ein Sim-GV ist kurz, in einer kleinen, bestenfalls 10 Sekunden dauernden Animation darf ich Katharina und Don beim Wühlen unter der Bettdecke zusehen. Kaum sind die beiden fertig, werde ich mit 3500 Bonus-Punkten und einem euphorischen Don belohnt. ›Platin-Laune‹ heißt das im Sims-Jargon, und die hat zur Folge, dass dem heißen Lover nun für kurze Zeit alles gelingt, was er anpackt – Lernen fällt ihm leichter, er kann besser Kontakte zu fremden Sims knüpfen und auch auf die Arbeit wirkt sich die gute Laune aus.

Leider ist die gute Laune nur von kurzer Dauer – bald ist der Launenpegel wieder im Gold-Bereich angelangt. Es wird Zeit, wieder einen Blick auf Dons Wünsche zu werfen: Ganz oben auf der Liste: Sex im Whirlpool. Was für ein Glück, dass am nächsten Tag Nina, eine weitere von Dons Freundinnen, zufällig vorbeischaut. Während Katharina im Untergeschoss das Bad wienert, lasse ich Don und Nina im Whirlpool die tollsten Dinge anstellen. Wieder werde ich mit Punkten und Dons Platin-Laune belohnt. Für die Punkte kann ich mir später besondere Gegenstände kaufen – einen Geldbaum zum Beispiel, der im Vorgarten angepflanzt wird und der ab und zu geernet werden darf. Die Früchte der liebevollen Pflege sind Geldscheine. Da dieser Baum jedoch auch negative Auswirkungen auf seinen Besitzer haben kann, sehe ich zunächst vom Pflanzen ab und konzentriere mich auf Dons Karriere.

Job und Karriere

Obwohl der große Reibach nicht zu den Lebenszielen meines Sim gehört, halte ich es für keine schlechte Idee, Dons Karriere ein wenig voran zu treiben. Immerhin bringt eine höhere Position auch ein höheres Gehalt, und das lässt sich prima in – zum Beispiel – eine neue Wohnungseinrichtung investieren. Am nächsten Tag verzichte ich auf Techtelmechtel jeglicher Art und lasse Don büffeln. Für den nächsten Karriereaufstieg sind bestimmte Kompetenzen notwendig, die in Punkten gemessen werden. Don benötigt für den nächsten Karriereschub weitere Kompetenzpunkte in Mechanik, Logik und Sauberkeit. Während Lernfortschritte in Logik und Mechanik mit Don aufgrund seiner Hobbies relativ einfach zu erzielen sind, tut er sich mit der Sauberkeit unglaublich schwer. Ich brauche vier Abende, vier Tage des kurzen Lebens meines Sim, um alle für den nächsten Karriereaufstieg benötigten Punkte zu sammeln. Doch dann kann sich Don schon bald über einen höheren Gehaltscheck freuen – auch wenn seine gute Laune dahin ist.

Die großen Freuden

Um die zu steigern, darf es jedoch etwas mehr als bisher sein. Ein simpler Geschlechtsverkehr reicht nun nicht mehr aus. Ich habe die Wahl aus »Sex in der Öffentlichkeit«, Sex mit mehreren Sims zur gleichen Zeit, der Eroberung einer Straßenbekanntschaft und dem Flirt mit drei Sims zur gleichen Zeit.

Der Gedanke, dass innerhalb weniger Spielstunden in meinem Computer mehr Sex stattfindet als außerhalb in ganz anderen Zeiträumen, beängstigt mich. Also entscheide ich mich für die Entwicklung einer Freundschaft zwischen Don und der Straßenbekanntschaft. Die hatte Don angesprochen, als ich ihn die Zeitung hereinholen lies – ein Ereignis, dass ich der verbesserten KI der Sims zu verdanken habe. Dies ist jedoch nicht die einzige Entscheidung, die die Sims aus eigenem Antrieb fällen. Hat Don großen Hunger, geht er selbstständig zum Kühlschrank und bereitet sich eine Mahlzeit zu. Muss Don dringend auf das Klo, geht er aus eigenem Antrieb dorthin. Manchmal kann die Selbstständigkeit der Sims jedoch auch nerven: nämlich dann, wenn es auf den Moment ankommt und euer Sim trotzdem meint, unbedingt etwas anderes machen zu müssen. Der ›freie Wille‹ lässt sich abschalten – besonders in kritischen Situationen kann es von Vorteil sein, wenn euer Sim genau das macht, was ihr von ihm wollt.

Sobald unbekannte Sims aufeinander treffen, egal ob im Chat oder auf der Straße, tauschen sie ihre Telefonnummern aus. Und so lasse ich Don zum Telefonhörer greifen. Die Bekanntschaft kommt auch gleich vorbei. Sims lernen sich am besten durch Gespräche in gemütlichem Umfeld kennen. Verläuft ein Gespräch erfolgreich, wird dies mit Beziehungspunkten belohnt, verstehen sich zwei Sims nicht besonders, werden Beziehungspunkte abgezogen. Wie leicht sich ein Sim mit anderen Sims anfreunden kann, hängt zum Einen von der persönlichen Disposition des Sim ab. Ist der Sim offen und kommunikativ, stehen die Chancen, einen anderen Sim für sich zu interessieren besser, als wenn er schüchtern ist und die Zähne nicht auseinander kriegt. Es hängt außerdem von der Allgemeinbildung eines Sim ab, wie gut gemeinsame Interessen mit anderen Sims gefunden werden können. Obwohl Don recht belesen ist, tun sich Katrin und er recht schwer miteinander. Der Abend verläuft durchwachsen. Nichtsdestotrotz entwickelt Don eine Obsession: Nach dem Abend drehen sich drei der vier aktuellen Wünsche um Katrin. Mit Katrin will er flirten, tanzen, und… – na was wohl?

Doch auch die Ängste haben sich geändert: Wo Don vorher noch Angst vor Ohnmacht hatte, befürchtet er nun, dass seine Flirt-Avancen von Katrin abgelehnt werden könnten. Sollte Don mit einer seiner Ängste konfrontiert werden, hat das gleich mehrere negative Konsequenzen: Zunächst werde ich um einen gewissen Betrag meiner bisher gesammelten Belohnungspunkte erleichtert, dann darf ich mich von Dons guter Laune verabschieden und auch die Lebenszeit meines Sim wird verkürzt. Ich sollte also tunlichst verhindern, dass Don mit seinen Ängsten konfrontiert wird.

Nach einem weiteren Arbeitstag schwindet die Erinnerung an Katrin. Alte Triebe werden wieder wach: Das »Techtelmechtel in der Öffentlichkeit« ist Dons neuester Wunsch. Also beschließe ich, an meinem freien Tag Katharina abzupassen. Bis dahin beschränkt sich der ›Thrill‹ des Spiels darin, Don den Abend so angenehm wie möglich zu machen – Alltag pur. Zeitung und Bücher lesen, ab und zu telefonieren und gelegentlichen Freiraum für sein Hobby (Astronomie) schaffen, diese Aufträge stehen im Moment ganz oben auf meiner Prioritätenliste. Ganz umsonst mache ich das natürlich nicht: Einige der Tätigkeiten werden mit spezifischen Erfahrungspunkten belohnt, sie sich Positiv auf verschiedene Lebensbereiche auswirken können. Für den Aufstieg im Job sind – wie bereits erwähnt – bestimmte Kompetenzen notwendig, aber auch beim Zusammentreffen mit anderen Sims können Erfahrungswerte zum Beispiel im Bereich ›Charisma‹ von Vorteil sein.

Was zwischen uns steht

Nach einer schier endlosen Weile sind Dons freie Tage endlich gekommen. Nachdem Katharina ihren Putzdienst erledigt hat, bestelle ich den beiden ein Taxi und lasse sie zum Park fahren. Dort angekommen, macht »Die Sims 2« zum ersten Mal unmißverständlich klar, dass meine Hardware für dieses Game wohl doch etwas zu schwachbrüstig ist. Das Geschehen ruckelt dermaßen, dass eine Kontrolle des Spiels kaum noch möglich ist. Die Befehlsmenüs erscheinen nach langer Verzögerung, bis ich den Befehl geben kann, ist die entsprechende Situation schon längst wieder vorbei. Ich bin etwas frustriert. Jedoch finde ich bald heraus, dass sich die Performance-Probleme recht gut umgehen lassen, wenn ich die Kamareperspektive in die Vogel-Einstellung bringe, also im 90° Winkel von oben auf das Geschehen herabblicke. Dummerweise lassen sich so viele Bereiche des Parks nicht einsehen – um einige Befehle geben zu können, muss die Perspektive also wieder geändert werden – was dann auch wieder die Ruckelei zur Folge hat. Ein mit 1,5 Ghz getaktetes Powerbook mit 1,25 GB RAM ist mit »die Sims 2« ähnlich (un)performant wie ein mit 1,3 Ghz Dual G4 und 768 MB RAM ausgestatteter PowerMac – und das bei größtenteils deaktiviertem grafischen Eyecandy. Man sollte sich also keine Illusionen machen: Auf einem Rechner, der keinen G5 Prozessor nutzt, sollte man das Spiel besser nicht installieren – es sei denn, man ist sehr frustresistent und stellt keine hohen Ansprüche an grafische Opulenz.

Aus dem Techtelmechtel in der Öffentlichkeit wurde dann auch nichts. Während ich noch auf das Aufpoppen von Dons Befehlsmenü wartete, ist Katharina schon zur anderen Seite des Sees gelaufen. Wie soll man zur Vollstreckung kommen, wenn es schon am Vorspiel scheitert? Ich nehme mir jedenfalls vor, es am zweiten von Dons freien Tagen noch einmal auf den öffentlichen Toiletten des Einkaufszentrums zu versuchen. Zunächst lasse ich Don jedoch die Heimreise antreten. Und bin erstaunt: War es beim Verlassen des Parks noch mitten in der Nacht, erreiche ich mein Haus genau zu dem Zeitpunkt, an dem ich es verlassen habe. Die Zeit, die ich Don im Park verbringen lies, wird im Haus nicht berücksichtigt. Anders seine Bedürfnisse und Befindlichkeiten: Die sind, seit dem Verlassen des Parks, unverändert geblieben. So wird durch den Besuch eines Gemeinschaftsgrundstücks der gesamte Schlaf- Wachrythmus durcheinander gebracht. Ein wenig unlogisch – und auch ärgerlich. Da ich mir jedoch eingestehen muss, dass ich Don und seine Eskapaden langsam satt habe, sage ich mir: »Wenn er nicht gestorben ist, vögelt er noch heute…« und lasse Don mit seinem Schicksal alleine.

Neuanfang mit eigenen Vorzeichen

Stattdessen widme ich mich dem Erschaffen einer neuen Familie, die ich gerne in die Nachbarschaft einziehen lassen möchte. Im Familien-Editor lege ich die Anzahl der Familien-Mitglieder, ihr Alter, ihr Aussehen und ihre grundsätzlichen Wesenszüge und Lebensziele fest. Außerdem kann ich im Stammbaum-Editor die verwandtschaftlichen Verhältnisse definieren. Bin ich mit meiner Familie zufrieden, darf ich sie in ein bereits bestehendes Gebäude einziehen lassen oder aber ihnen eine ganz neue Bleibe bauen. In jedem Fall stehen mir 20.000 Simeloneons Startkapital zur Verfügung. Ich entscheide mich für ein fertiges Gebäude, das mir groß genug scheint um eine fünfköpfige Familie aufzunehmen. Als meine Sims in das Haus einziehen, ist es – abgesehen von Küche und Badezimmer – vollkommen unmöbliert. Damit meine Sims nicht auf dem Boden schlafen müssen, investiere ich ein paar Simeloneons in einfache Betten und billige Wohnzimmermöbel sowie einige Lampen – schließlich sollen meine Sims nachts nicht im Dunklen hausen. Da das Geld langsam knapp wird, lasse ich einige von ihnen einen Job annehmen. Karl, das Familienoberhaupt und die Intelligenzbestie der Truppe, bekommt einen Job in der Wissenschaft als Versuchskaninchen, Jonas bekommt seinen Traumjob in der Faulenzerkarriere. Nur für Melissa lässt sich leider nichts passendes finden, und David, ihr Sohn, muss erstmal erwachsen werden…

Renovieren leicht gemacht

Obwohl das Haus nur spärlich eingerichtet ist, platzt es bereits jetzt aus allen Nähten. Besonders vor dem Badezimmer gibt es ständig Schlangen und schimpfende, stinkende Sims. Nachdem meine Sims genügend Kohle angescheffelt haben, kann ich mich daran begeben, das Haus auszubauen. Im Baumodus kann ich neue Räume hinzufügen, bestehende Räume teilen, neue Fenster und Türen in das Gebäude einsetzen – kurz: Ich kann das ganze Haus umkrempeln – vorausgesetzt, das Geld hierfür ist da. Auch Gartenarbeiten können in diesem Modus verrichtet werden – ein schöner Garten auf dem eigenen Grundstück erhöht den Wohlfühlfaktor ganz beträchtlich. Die Geländetopografie kann geändert werden, es dürfen Teiche, Terassen und Wege angelegt, Beete und Hecken gepflanzt werden.

War das Leben von Don schon stressig, ist das Betreuen einer fünfköpfigen Familie mit Nachwuchs ein einziger Albtraum. Ständig will irgendwer irgendwas, und ich komme mit dem Erfüllen der Wünsche und dem Befriedigen der Grundbedürfnisse gar nicht mehr nach. Entsprechend der Grundveranlagung meiner Sims sind auch die Wünsche und Lebensziele nicht mehr schwerpunktmäßig sexueller Natur: Intelligenzbestie Karl möchte das gesamte gedruckte Wissen in sich aufsaugen, der bunte Paradiesvogel Jonas will feiern und unter Leute kommen und die Karrierefrau Melissa will möglichst schnell einen ordentlichen Job und Geld verdienen. Erst hier, im Spiel mit mehreren Sims zur gleichen Zeit, wird das Spiel wirklich interessant, da genau beobachtet werden kann, wie sich die Macken, Vorlieben und Schwächen jedes Einzelnen auf die ganze Gruppe auswirken können. Melissa, um nur ein Beispiel zu nennen, ist, als bereits alle anderen einen Job haben so über ihre Arbeitslosigkeit frustriert, dass sie ihren Sohn vernachlässigt und sich zum Beispiel weigert, ihm die Windeln zu wechseln…

Erstaunlicherweise verfliegt die reale Zeit bald genauso schnell wie die Zeit im Spiel, und ich muss aufpassen, dass ich selbst noch Zeit für die Befriedigung meiner Grundbedürfnisse finde. Selbst wenn ich gerade nicht aktiv am Spielgeschehen teilnehme, ist es ein Vergnügen, dem Gewusel meiner Sims zuzusehen und zu beobachten, wie sich die von mir erschaffenen Computerwesen miteinander arrangieren. Sie bringen aus eigenem Antrieb Freunde mit nach Hause, streiten sich, vertragen sich wieder, Pärchen schlafen in Löffelstellung – herrlich. Obwohl ich die grafischen Details auf ein Minimum reduzieren musste, überzeugt das Spiel durch die ausdrucksstarke Gestik seiner Protagonisten. Apropos Grafik: Die ist nur innerhalb der Spielareale nett anzusehen – den Gebäuden, den Parks, den Einkaufszentren. Außerhalb wird es leider sehr dröge – aber davon bekommt man eher selten was zu sehen, denn das Spielgeschehen findet meist innerhalb von Gebäuden statt.

Als zusätzlichen Bonus und um das Klischee der interaktiven Soap noch ausgiebiger zu bedienen, bietet »Die Sims 2« die Möglichkeit, Spielszenen aufzuzeichnen und so eine eigene Soap zu erstellen. Die Ergebnisse der Arbeit können ins Internet geladen werden und stehen dann anderen Spielern zum Download bereit. Ein nettes Feature.

Fazit:

Alle wollen mehr. »Die Sims 2« gibt uns mehr. Von allem. Mehr Szenarios. Mehr Sims. Mehr Grafik. Mehr Sound. Mehr Möglichkeiten. Mehr Realismus. »Die Sims 2« fordert aber auch mehr. Vor allem mehr Rechenpower. Mehr Festplattenspeicher. Mehr Willen, sich in ein recht komplexes Spiel einzuarbeiten, dessen Funktionen leider nur lückenhaft dokumentiert sind. »Die Sims 2« ist kein Spiel für zwischendurch, sondern fordert den ganzen Spieler – und das über längere Zeit. Zwar wurden ein paar Mängel, die wir schon im Test zum Vorgänger für störend befunden hatten, noch immer nicht behoben, aber unterm Strich tut das dem Spielspaß keinen Abbruch. Wer also den passenden Rechner zu Hause stehen hat und Interesse an einem etwas anderem Spiel hat, kann bedenkenlos zugreifen. Wer lediglich Interesse an einem etwas anderem Spiel hat, sollte sich vorher unbedingt überlegen, wie weit er seine Ansprüche an die Grafik nach unten drücken kann – denn von der Grafikpracht, die »Die Sims 2« auf fetten Rechnern entfalten kann, bleibt auf aktuellen MacMinis, PowerBooks und älteren Power- und iMacs nicht mehr viel übrig.

Verfügbarkeit

Zu haben ist das Produkt im macinplay-Shop oder bei Amazon.

Bilder (klicken für mehr)

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