Prey

Der Fußboden ist bei Prey der Teil des Raumes, auf dem du stehst, und die Decke ist über deinem Kopf – jedenfalls meistens. Wer sich in der Welt von Prey bewegt, für den kann sich diese einfache Lebensregel auch ganz schnell drehen. Plötzlich steht man an der „Decke“ und schaut hoch zum „Fußboden“. Ich habe mir das bisher hochgelobte Actionspektakel einmal näher angeschaut.

Tommy ist ein Cherokee-Indianer, der nur zu gerne das schäbige Reservat, in dem er lebt, verlassen würde. Nur seine Freundin Jen und sein Großvater Enisi halten ihn noch. Eines abends, als Tommy mal wieder in Jens Bar rumhängt, gerät er in Konflikt mit zwei unfreundlichen Zeitgenossen. Nachdem er diese mithilfe einer Rohrzange zur Räson gebracht hat fangen die Probleme erst richtig an: Außerirdische kidnappen alles, was nicht niet- und nagelfest ist, darunter auch Tommy, Jen und Enisi. Tommy kann sich an Bord des Raumschiffes befreien und macht sich an die Rettung von Freundin und Großvater. Soweit die Story des neuen Ego-Shooters Prey.

Im Raumschiff erwarten den Spieler zunächst einige einfache Gegner, die mit Hilfe der Rohrzange leicht erledigt werden können, und auch ziemlich schnell gibt es die erste „richtige“ Waffe. Soweit ist „Prey“ nicht anders als auch andere Shooter. Aber spätestens, wenn man durch die Glasscheiben links und rechts Gestalten im 90-Grad-Winkel zur eigenen Person „rauf“ und „runter“ laufen sieht, dann ahnt man, das hier im Raumschiff einiges anders ist, als zuhause im Wohnzimmer. Und so ist es dann auch.

Tommys Rettungsaktion scheint unter keinem guten Stern zu stehen: Nachdem er ohnmächtig mit ansehen muss, wie sein Großvater von den Aliens getötet wird, stürzt auch er kurz danach von einer Hängebrücke in die Tiefe. Umso größer die Überraschung, als wir dann den toten Großvater in der Geisterwelt wiedertreffen. Hier wird Tommy dem Erbe seiner Ahnen nähergebracht, und er lernt, sich in der Welt der Geister zu bewegen. Außerdem bekommt er einen treuen Begleiter, den Falken Talon. Talon begleitet uns fortan und macht sich nützlich, indem er Gegner ablenkt und uns die Alienschrift übersetzen kann. Aber wichtiger ist die neue Fähigkeit „Spirit Walk“. Wir können ab jetzt unseren Körper verlassen und uns z.B. durch Kraftfelder hindurch bewegen, um dahinter liegende Räume zu betreten. Und wenn die Lebensenergie einmal auf Null fällt, dann treten wir ebenfalls in die Welt der Geister ein und können mit Pfeil und Bogen Lebens- oder Geistesenergie auffüllen.

„Prey“ bietet neben den genreüblichen Schaltern für Türen , Kraftfeldern und Aufzügen im Einzelspielermodus eine Vielzahl von kleinen und großen Rätseln, die vom Spieler gelöst werden müssen. Wege müssen mit Hilfe zur Explosion gebrachter großer Kugeln, die man natürlich erst in Position rollen muss, freigesprengt werden. Es gibt Portale, mit deren Hilfe man in andere Bereiche des Raumschiffs gelangen kann und es gibt im weiteren Verlauf des Spiels leuchtende Bänder, „Wall Walks“ genannt, auf denen Tommy senkrecht die Wand hochgehen kann und auch mal kopfüber von der Decke hängt. Einige Wege sind in Prey nur im „Spirit Walk“ sicht- und begehbar und diverse Schalter sind nur in Geistgestalt zu erreichen. Und es gibt neben den üblichen Türschaltern auch Schalter, mit denen man den Raum quasi umdrehen kann, so dass eine Wand zum Fußboden wird. Dadurch kommt es auch vor, dass man, im Gegensatz zu anderen Shootern, in denen die Gegner ja meist vor einem auftauchen, plötzlich von der Decke oder seitlich von den Wänden aus beschossen wird. In einigen Leveln dienen diese Schalter dazu, den Raum so zu drehen, das Tommy zum Ausgang fällt, denn natürlich fällt der Spieler Richtung Fußboden, wenn er nicht auf einem „Wall Walk“ steht oder von diesem abspringt. Die Spiele mit der Schwerkraft machen die Level allerdings teilweise sehr unübersichtlich. Richtig verlaufen kann man sich aber auch nicht, da „Prey“ sehr linear aufgebaut ist. Im Zweifellsfall geht’s immer geradeaus. Die verschiedenen Gegner verhalten sich durchaus individuell, einige versuchen, aus der Deckung zu agieren, andere greifen direkt an. Nur eins haben sie alle gemeinsam: Durch Türen gehen sie nicht, so dass Tommys Rettung oftmals darin besteht, den Raum wieder zu verlassen.

Der Multiplayermodus von Prey fällt gegenüber dem Einzelspiel etwas ab. Zwar gibt es auch hier den „Spirit Walk“, um Gegner auszukundschaften, und auch die Schwerkraftschalter sind reichlich vorhanden, aber es gibt nur die Spielmodi „Deathmatch“ und „Team Deathmatch“ – hier bieten die Konkurrenten deutlich mehr.

„Prey“ ist ein Shooter mit relativ wenigen Gegnern und vielen Rätseln, der optisch sehr ansprechend ist. Die modifizierte Doom-3-Engine fordert allerdings Mac und Grafikkarte einiges ab. Nicht umsonst verlangt das Spiel mindestens einen G5 und eine Radeon 9600, die Onboardgrafik der aktuellen Macbooks und Mac Minis wird nicht unterstützt. Die Level sind detailreich gestaltet, es gibt immer etwas zu entdecken. Seien es die Spielautomaten in der Kneipe oder die durch das Raumschiff hastenden Aliens. Oder der Fall der toten Gegner von den „Wall Walks“, bei denen die Ausrüstung den Aliens stilvoll hinterher purzelt. Es gibt sogar eine Sequenz, in der man per Raumgleiter eine kleine Weltraumschlacht mit den Aliens führt. Allerdings ist die Szenerie doch recht blutig gestaltet. Zartbesaitete Naturen könne Blut und Flüche aber auch in den Voreinstellungen abstellen.

Der Sound von Prey ist ebenfalls gut gelungen, und auch hier gibt es ein paar Gimmicks, die man sich nicht entgehen lassen sollte, etwa die Musikbox in der Kneipe oder die Radiosendung im 2. Level. Die Dialoge wurden leider nicht eingedeutscht: stattdessen wurden Untertitel eingebaut, die aber schon die Atmosphäre ein wenig stören.

Die Tastaturbelegung für einige Standardaktionen kollidiert leider mit Mac OS X – das Prey-Handbuch rät nur lapidar, doch bitte vor dem Spielen die Tastaturkurzbefehle für Dashboard und Exposé auszuschalten. Eine etwas bessere Anpassung an Mac OS X wäre hier sicherlich wünschenswert.

Fazit

„Prey“ ist ein Shooter, dessen neue Ideen auch nach langer Entwicklungszeit (die erste Vorstellung des Spieles war 1995!) frischen Wind in die Szene bringen. Besonders der Einzelspielermodus weiß zu gefallen. Hartgesottene Shooterfans stören vielleicht die relativ vielen Rätselelemente in dem doch sehr blutigem Spektakel, aber optisch zeigt das Spiel, was machbar ist. Dabei ist die Steuerung präzise und die Story im Gegensatz zu anderen Shootern ausgefeilt. Ist die nötige Rechenpower vorhanden, das 18. Lebensjahr erreicht und ein Mindestmaß an Interesse an dieser Art von Spielen da, dann kann ich nur eins raten: zugreifen. Auch im Mac App Store.

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